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Ernst Troeltsch-Gesamtausgabe (Troeltsch KGA)

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Auf dem Weg zur Ernst Troeltsch-Gesamtausgabe

Zu Lebzeiten Ernst Troeltschs waren neben einigen kleineren Monographien bereits drei gewichtige Bände „Gesammelte Schriften“ erschienen. 1924 gab der junge deutsch-jüdische Historiker Hans Baron eine Auswahl aus den bekannten „Spectator-Briefen“ heraus, in denen Troeltsch seit 1919 die politische Entwicklung aus linksbürgerlich liberaler Perspektive kommentiert hatte. Doch waren die hier aufgenommenen Texte sehr stark gekürzt oder durch Einschübe aus anderen Texten verändert worden.

1925 publizierte Baron, gefördert von Adolf von Harnack und Friedrich Meinecke, einen vierten Band mit „Gesammelten Schriften“ und eine Sammlung von Aufsätzen zum Themenkreis „Deutscher Geist und Westeuropa“. 1928 wurde Hans Baron Mitarbeiter in der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1933 hat man ihn hier allerdings aufgrund des sog. „Arierparagraphen“ entlassen. Hans Baron ging ins amerikanische Exil und avancierte zu einem weltberühmten Renaissance-Forscher.

1982 setzen wertvolle Textfunde einen wichtigen Meilenstein

Eine vom Bundesarchiv und von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in den Jahren 1951 bis 1959 betriebene aufwändige Suche nach Troeltschs Nachlass blieb ohne Erfolg. Bis zu Beginn der 1980er Jahre ging man deshalb davon aus, dass Troeltschs Nachlass im Krieg vernichtet worden sei.

In der Tat wurde der Briefnachlass mit einigen wenigen Ausnahmen in der Familie, wohl durch die Witwe Marta Troeltsch, zu einem unbekannten Zeitpunkt, vermutlich in den Jahren der NS-Diktatur, vernichtet. Doch konnten Horst Renz und Friedrich Wilhelm Graf 1982 zahlreiche an weit entlegenen Orten publizierte Texte und einzelne Manuskripte entdecken sowie einige Handexemplare von Troeltschs Schriften auffinden, in die Troeltsch zahlreiche Ergänzungen, Erweiterungen und oft mehrseitige Nachträge für weitere Auflagen notiert hatte.

Interdisziplinäre und internationale Kooperation

In- und ausländische Gelehrte verschiedener kulturwissenschaftlicher Disziplinen traten seit Mitte der 1980er Jahre deshalb dafür ein, das weit verstreut publizierte Werk Ernst Troeltschs unter Einschluss der handschriftlichen Materialien in einer kritischen Gesamtausgabe zugänglich zu machen.

Bei der Vorbereitung der Editionsarbeiten in den späten 1980er Jahren waren der Forschung gut 200 Briefe Troeltschs bekannt. Inzwischen sind im In- und Ausland in zahllosen Gelehrtennachlässen 1240 Briefe von Troeltsch und 550 an ihn gerichtete Schreiben erschlossen worden, die in fünf Briefbänden ediert werden.

Die kritische Gesamtausgabe

Nach der Aufnahme des Projekts „Kritische Ausgabe sämtlicher Schriften Ernst Troeltschs” in die Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Jahr 1995 begannen die Arbeitsstellen in Augsburg, Frankfurt/Oder, München und Tübingen im Herbst 1995 mit der Editionsarbeit am Großprojekt „Troeltsch KGA”. Als Hauptherausgeber zeichnen im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Friedrich Wilhelm Graf, Volker Drehsen, Gangolf Hübinger und Trutz Rendtorff verantwortlich. 2002 ging die Edition von der Heidelberger Akademie an die Bayerische Akademie der Wissenschaften über. Seit 2006 wird sie im Rahmen des Akademienprogramms gefördert.

Nach dem Tod Volker Drehsens und Trutz Rendtorffs wird die bei De Gruyter in Berlin und Boston erscheinende Kritische Gesamtausgabe der Werke Ernst Troeltschs im Auftrag der Kommission für Theologiegeschichtsforschung an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften von Friedrich Wilhelm Graf und Gangolf Hübinger herausgegeben.

Die kritische Gesamtausgabe der Werke Ernst Troeltschs umfasst 26 Bände. Die erste Publikation der Troeltsch KGA, Band 5 „Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte (1902/1912) mit den Thesen von 1901 und den handschriftlichen Zusätzen“ erschien im Jahre 1998. Band 26 „Vorlesungsdiktate“ beschließt die Arbeiten an einem Projekt, das in Anbetracht der weltgeschichtlichen Entwicklung rund einhundert Jahre später mit Nachdruck auf das Schaffen und Wirken Ernst Troeltschs aufmerksam machen darf.